Reisetage
Sitzfleisch erforderlich
03.06.2017 - 04.06.2017
Achtung! Viel Text, wenig Bilder. Ich hatte 10 Stunden Zeit im Flieger.
Ich hasse Reisen. Ich weiß nicht ob ich es bereits erwähnt habe. Klingt vielleicht seltsam für jemanden der seine 3. Weltreise macht, aber dieses Transportiert-Werden ist einfach schlimm. Das Beste sind Schiffsreisen. Ich liebe Segeln. Allerdings ist Tipi diesbezüglich völlig anderer Ansicht. Sie findet Boote zum Kotzen. Buchstäblich. Zwei 10-Stunden-Schichten liegen vor uns. Eine mit dem Auto, die zweite per Flugzeug. Übermorgen werden wir 10.000 km geschafft haben. Ein Achtel der Gesamtstrecke.
Am meisten hasse ich Fliegen. An jedem Terminal dieser Welt wird man als Erwachsener zum 3-jährigen degradiert. Logik, Vernunft, gesunder Menschenverstand geht über Bord.
"Frag nicht, Papa weiß was gut für dich ist", alles im Namens der Sicherheit. Schuhe an, Schuhe aus, mit und ohne Gürtel gehen wir durch die Security Checks. Wie auch immer man uns befiehlt. Bloß nicht auffallen. Wie in Zeiten des Absolutismus und der Inquisition. 200 Jahre Aufklärung out of the window. Keiner muckt, keiner fragt.
Beispiel gefällig für den Irrwitz? Okay. E-Zigarette muss beim Flug von München nach London UNBEDINGT ins aufgegebene Gepäck. Begründung: Wegen der Sicherheit. Bei den nächsten 3 Flügen muss die E-Zigarette UNBEDINGT ins Handgepäck. Begründung: Wegen der Sicherheit. Nach den Gesetzen der Logik ist eines von beiden Quatsch. Ja meinst irgendwer sagt da was? Nee, alle halten die Klappe wie dumme Schafe und traben durch die Kontrollen. Akzeptieren jeden Unfug der ihnen vorgeschrieben wird für das Privileg auch im 21.-Taliban-ISIS-Jahrhundert einen Flieger besteigen zu dürfen.
Nicht nur wegen meiner intensiven Abneigung gegen das Fliegen, sondern auch aus Kostengründen haben wir beschlossen die Strecke von Glasgow nach London mit dem Auto zu fahren.
Sind ja nur 450 km dachte ich, 6 Stunden gemütlich, kein Problem. 450 stimmte ungefähr, aber es waren Meilen. Und wir hatten uns Brighton als Übernachtung ausgesucht bevor es am nächsten Tag weiter gehen sollte über London Gatwick nach Vancouver, Kanada. Brighton liegt an der Südküste Englands, noch mal 50 km weiter als London. Somit wurden es 750km von Nord nach Süd durch Schottland und England. 10 Stunden mit Pausen und Stau bei Lancaster.
Das fährst du mal nicht eben auf einer Backe. Bis wir ankommen ist es 9 Uhr abends und bald dunkel.
Unterwegs gab es noch einen Moment der Anspannung, als Tipi versuchte uns online einzuchecken. Seit neuestem verlangen auch die Kanadier von uns Deutschen sich online anzumelden. Analog dem US ESTA füllt man einen Online Fragebogen aus, zahlt eine Gebühr und darf dann per Flieger einreisen. Über Land entfällt diese bürokratische Hürde. Die letzten 3 Male als ich nach Kanada reiste brauchte ich diesen Krampf nicht. Ein Argument mehr für mich gegen Fliegen. Potentielle Terroristen werden künftig wohl eher mit dem Auto fahren. Das mit dem Fliegen ist selbst für friedliche Passagiere schwierig geworden.
Unser Bett für diese Nacht ist ein hübsches, typisch britisches Haus direkt an der Waterfront.
Der Vermieter, ein junger Air BnB Typ, zeigt uns unser winziges Zimmer mit Matratze auf Euro-Paletten für 80 Euro. Naja, ist halt Brighton, Nobel-Badeort. Hier zählt Lage, Lage, Lage. Die feine Gesellschaft Londons trifft sich hier zur Sommerfrische.
Hunger stellt sich ein. Ein Inder soll es sein. Wir sitzen kaum, als es hinter mir furchtbar laut wird.
2 junge Briten geraten in heftigen Streit. Alles andere als feine Gesellschaft. Unterste Schublade. Sie kloppen sich fast. Der Grund des Streits erschließt sich uns nicht. Irgendwas mit der Mutter und dem Bruder. Familiensache möglicherweise. Einer droht dem anderen bzw. dessen Familie Intimität an. "My brother is gonna f*** your mother" oder so ähnlich.
Hübsch ist es hier, aber wir haben zu wenig Zeit. Das bekannte Brighton Peer hat heute abend schon geschlossen. Morgen früh haben wir noch eine Stunde um die Promenade zu besichtigen, das war es dann auch schon von Brighton.
Rückgabe Mietwagen, Check-In alles relativ ereignislos, reibungslos. Wir fliegen West-Jet nach Kanada. Billig-Airline. Nix inklusive. Keine Verpflegung, kein Kino, nada!
Upgrade hätte 250€ pro Person gekostet. Für Fast Lane, breitere Sitze und etwas zu essen. Unverschämt! Wir beschließen unsere Verpflegung an Bord zu kaufen und statt den breiten Sitzen eine Flasche Bushmill 1608. Die kostet nur 18 Pfund und gemixt mit Cola ergibt das auch eine sehr entspannte Reise.
Alkohol an Bord wird in beliebiger Menge teuer ausgeschenkt, jedoch mitgebrachten Alkohol zu trinken ist verboten. Vermutlich aus Sicherheitsgründen. So kommt es, dass in einem unbedachten Moment eine Saftschubse die offene Flasche Bushmill entdeckt und sofort konfisziert.
Wir sind so was von erleichtert, dass dieses enorme Sicherheitsrisiko von der Crew umgehend entschärft wurde. Die Leute verstehen etwas von ihrem Job und dafür sind wir dankbar. Ich hasse Fliegen.
Eingestellt von tipitom 08:31 Archiviert in Grossbritannien Kommentare (0)